Twins Seven Seven

* 1944 in Ogidi, Nigeria
2011 in Ibadan, Nigeria

Twins Seven Seven, The Ritual Masked Wrestlers for a new Wife, 1969, Öl auf Baumwollstoff, aufgezogen auf Sperrholzplatte, 168 x 120 cm, Ludwig Forum für Internationale Kunst Aachen, Leihgabe der Peter und Irene Ludwig Stiftung, © Twins Seven Seven, 2021 / Foto: Carl Brunn
Es ist typisch für die Arbeiten von Twins Seven Seven, dass sie sich mit Kult- und Alltagsszenen der Yoruba beschäftigen, denen er selbst angehörte. Dabei unterscheidet der Künstler nicht zwischen erlebten und erträumten Ereignissen vielmehr bestehen beide Sphären gleichberechtigt nebeneinander und bilden das Ausgangsmaterial für seine künstlerischen Inszenierungen. In The Ritual Masked Wrestlers for a new Wife begegnen uns zwei miteinander ringende Personen, die von umstehenden Menschen beobachtet werden. Bis auf die beiden sitzenden weiblichen Akte am rechten Bildrand tragen die Protagonist*innen traditionelle Kleidung. Die darin enthaltenen Ornamente führen sich auch in der Landschaftsdarstellung, dem angedeuteten Wald im Bildhintergrund, fort.  Der Künstler zeigt hier eine kultische Handlung, bei der zwei maskierte Männer um eine Frau kämpfen. Ins Auge stechen dabei die für Twins Seven Seven charakteristischen Stilmerkmale, wie etwa die krallenähnlichen Hände oder die übergroßen Augen der dargestellten Personen. Es geht dem Künstler nicht darum, individuelle Züge einer Person einzufangen, sondern um die Entwicklung eines menschlichen Prototyps mit geringfügigen Variationen. Als Yoruba werden die Figuren nur durch ihre Kopfbedeckungen in Form von länglichen oder zylinderförmigen Mützen identifizierbar, die speziell in Nigeria als Symbole von Zugehörigkeit verstanden werden. Auch das Tragen von Masken lässt auf einen Kult der Yoruba schließen: Bei Festen dienen sie dazu, Geistern, Gottheiten und Ahnen Zutritt zur Gemeinschaft im Diesseits zu gewähren. Darüber hinaus könnten die Markierungen auf der Haut als Schmucknarben gelesen werden. Ein weiterer Hinweis auf die Yoruba kann in der Ornamentik gesehen werden, die an die Muster traditioneller Textilien angelehnt ist. Dabei sind es genau diese Binnenzeichnungen, die in den Körpern der Figuren ein Eigenleben entwickeln. Als Taiwo Olaniyi Oyewale in eine königliche Linie der Yoruba geboren, ändert Twins Seven Seven seinen Namen, weil er als einziges Kind überlebt, nachdem seine Mutter zuvor sieben Zwillingspaare geboren hatte. Die Yoruba sind bekannt für ihre ungewöhnlich hohe Anzahl von Zwillingsgeburten, aber auch für eine hohe Kindersterblichkeit. Dabei glauben Yoruba, dass verstorbene Kinder innerhalb der Familie immer wieder und wieder geboren werden, bis eines überlebt. Die Namensänderung ist demnach Zeugnis für die kulturelle Identität des Künstlers und damit einhergehend als Ehrung seiner Vorfahr*innen zu verstehen. So trug er auch die für die Yoruba typischen Schmucknarben. Mit all den Bezügen zur Yoruba-Kultur wird deutlich, dass der Künstler mit den Betrachter*innen spielt: Absichtlich setzt er auf eine formal möglichst einfache Bildsprache, verzichtet auf individuelle Merkmale, um gleichermaßen stilisierte wie stereotype Afrikabilder abzurufen (siehe: Vorurteile). Hierzu dienen ihm nicht nur die urwüchsige Vegetation in Form des Waldes, sondern auch die Masken und die menschlichen Prototypen mit ihren Ohren- und Nasenringen. Die Assoziationen, die dadurch bei Betrachter*innen wachgerufen werden, speisen sich aus der selektiven Wahrnehmung eines ganzen Kontinents, die im Zuge des Kolonialismus im Globalen Norden aufkam und bis heute in weiten Teilen fortbesteht. Gleichzeitig hat sich Twins Seven Seven zeitlebens für cultural Awareness eingesetzt, und so war ihm auch daran gelegen, auf die Yoruba-Kultur aufmerksam zu machen.
in Dialog mit
Melike Kara

Melike Kara

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