Kategorisierung

Das Phänomen der Kategorisierung könnte umgangssprachlich als Schubladendenken bezeichnet werden. Dabei werden Menschen in einer definierten sozialen Gruppe, einem Kollektiv, gesammelt. Diesem Kollektiv werden verschiedene Merkmale als einendes Element zugeschrieben, z. B. Gender, Race, Kultur, Klasse oder Sexualität. Zu Kategorisierungen kommt es, weil Menschen Eindeutigkeit in ihrem Leben brauchen, um gesellschaftliche Zusammenhänge leichter zu begreifen. Beim Mechanismus der Kategorisierung, der dem Essentialismus nahesteht, geht es demnach um Vereindeutigung in einem gesellschaftlichen Kontext. Gleichzeitig wirken Kategorisierungen damit Ambiguität entgegen.

Weil eine völlige Beseitigung von Vieldeutigkeit jedoch nicht möglich ist, kommt es innerhalb der Kategorisierungen zu weiteren Unterkategorien. So entsteht innerhalb einer Unterkategorie ein größtmögliches Maß an Eindeutigkeit. Damit wirkt diese Form der Unterteilung von Menschen gegen jedwede Vielfalt. Denn Kategorisierungen durch die es z. B. zu einem Nebeneinander von Kulturen und Menschen anstelle eines Miteinanders kommt wirken nicht inkludierend oder integrativ; sie trennen. In der Folge kommt es nicht zu einem Mehr an Akzeptanz, sondern höchstens zu Toleranz des Anderen im Sinne einer (widerwilligen) Duldung.    

Als Beispiel für Kategorisierungen kann Sexualität dienen: Erst im späten 19. Jahrhundert kam das Konzept von Sexualität als identitätsstiftendem Merkmal auf. Man unterteilte Menschen in Homo- oder Heterosexuelle (im Laufe der Jahre folgten weitere Kategorisierungen). Zuvor, in einer Zeit, die man als Sex vor Sexualität“ bezeichnen könnte, hatten Personen (nicht) gleichgeschlechtlichen Sex, der zwar moralisch bewertet wurde, aber nicht als fester Bestandteil ihrer Persönlichkeit galt. Menschen wurden also nicht auf Grundlage von Geschlechtsverkehr kategorisiert. Erst mit dem Aufkommen von Sexualität als Identitätsmerkmal kommt diese Kategorie auf, durch die man fortan Gruppen voneinander unterschied. 

Durch das Verlangen nach Kategorisierung, um die Welt verständlicher zu machen, kommt es zu Ambiguitätsintoleranz. Vor dem Hintergrund des damit einhergehenden Zugehörigkeitsgefühls zu einer bestimmten Gruppe, mit der sich das Individuum selbst identifiziert oder mit der es von außen gleichgesetzt wird, erfolgt darüber hinaus eine Abgrenzung. Diese Abgrenzungsmechanismen können u. a. Rassismus, Antiziganismus, Antisemitismus, Ableismus, Klassismus, Sexismus oder Homophobie zur Folge haben.