Kognitive Dissonanz
Im Laufe seines Lebens erhält der Mensch durch seine Erfahrungen mehr und mehr Erkenntnisse über seine Umwelt. Diese Erkenntnisse werden als Kognitionen bezeichnet. Verschiedene Kognitionen können im Verhältnis zueinander stehen. Wenn sie sich gegenseitig bedingen oder ergänzen, bezeichnet das den Zustand kognitiver Konsonanz. Stehen verschiedene Kognitionen jedoch im Widerspruch zueinander, entsteht kognitive Dissonanz, wie es 1957 der Sozialpsychologe Leon Festinger (1919–1989) ausdrückte. Diese kognitive Dissonanz wird von der betreffenden Person als sehr unangenehmer Zustand empfunden. Sie entsteht beispielsweise, wenn man eine Entscheidung getroffen hat, die sich im Nachhinein als Fehler herausstellte.
Übertragen auf das Spektrum der Identitäten bedeutet kognitive Dissonanz, dass die Wertmaßstäbe einer Person ihrem Verhalten entgegenstehen können, das heißt, dass sich die Person z. B. zu rassistischen, sexistischen, homophoben, klassistischen o. Ä. hinreißen lässt, ohne ein Bewusstsein für die geäußerte Diskriminierung zu haben. Erst darauf aufmerksam gemacht, würde sie begreifen, dass sie einen anderen Menschen einer Diskriminierungserfahrung ausgesetzt hat. Dabei entsteht bei der Person, die die Äußerung getätigt hat, kognitive Dissonanz, weil sie sich selbst nicht als Rassist*in, Sexist*in usw. versteht und verstanden wissen will.